Die Filiale der Zukunft: Im Interview mit Lena Moos über Erlebnisshopping und Digitalisierung
Anja BorbergGeschätzte Lesedauer: 6 MinutenOnlineshopping und E-Commerce prägen zunehmend die Handelslandschaft. Dennoch gibt es viele stationäre Geschäfte, die sich mit vielfältigen Ideen auf zukünftige Entwicklungen und Transformationen vorbereiten. Im Interview spricht Lena Moos über den Erfolg ihres Brautmodengeschäfts durch Erlebnisshopping und Digitalisierung.
Angesichts der rasanten Veränderungen durch die Digitalisierung und der sich ständig wandelnden Kundenbedürfnisse stehen Händler:innen gleichzeitig vor großen Herausforderungen wie auch Chancen. Für unser Gespräch zum Thema Filiale der Zukunft haben wir Lena Moos in ihrem Brautmodengeschäft in Düsseldorf besucht. Der Markt für Brautmode in Deutschland erzielte zuletzt einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro, es gibt ca. 1500 spezialisierte Geschäfte in Deutschland, jährlich finden rund 400.000 Hochzeiten statt. LeMoos hebt sich vom klassischen Brautmodengeschäft ab und bietet eine einzigartige Erlebniswelt für jede Braut. Neben der Möglichkeit, das Hochzeitskleid individuell zusammenzustellen, besticht der Store durch seine wunderschöne Einrichtung.
Unser Interview dreht sich darum, welche innovativen Geschäftsideen Lena Moos verfolgt, welche digitalen Tools sie bereits einsetzt und wie ihre „Filiale der Zukunft“ aussieht.
Brautmode, schon immer eine Leidenschaft von Dir Lena, oder?
Ja, schon als Kind habe ich meinen Barbies Brautkleider genäht und immer davon geträumt, ein Brautmodengeschäft zu eröffnen. Ich stellte jedoch fest, dass viele Brautmodengeschäfte sehr traditionell sind und veraltete Konzepte verfolgen. Während meines Studiums habe ich intensiv über dieses Thema nachgedacht und eine Bachelorarbeit zum Thema „Digitalisierung der Brautmode“ geschrieben.
2004 wagte ich den Schritt und eröffnete mein erstes Geschäft in Euskirchen. Schnell bemerkte ich, dass viele Kund:innen mit den Kleidern „von der Stange“ unglücklich waren – irgendetwas gefiel oder passte nicht richtig.
So entstand 2009 die Idee, Brautmode als Baukastensystem anzubieten. Bräute können Unter- und Oberteile individuell nach Wunsch und Größe kombinieren. Um die unterschiedlichen Röcke und Corsagen miteinander zu verbinden, habe ich das „Reißverschlusshaken-System“ erfunden und patentieren lassen. Danach begann ich mit meinen eigenen Entwürfen und brachte die ersten Kollektionen auf den Markt.
Der Brautkleidkauf als ein Erlebnis?
Auf jeden Fall! Eine Hochzeit oder Trauung ist wie ein kleines Abenteuer und für alle Paare der schönste Tag ihres Lebens. In Vorbereitung auf diesen besonderen Tag habe ich meinen Store geplant. Mir ist es wichtig, dass sich die Kundin bei der Anprobe der Kleider so fühlt, als wäre sie bereits auf ihrer Hochzeit.
Ich denke, die Filialen der Zukunft müssen sich unbedingt an die veränderten Ansprüche der Kunden anpassen. In einer Zeit, in der Onlineshopping immer beliebter wird, müssen wir unseren Kundinnen ein Einkaufserlebnis bieten, das sie nicht im Internet finden.
Großen Wert lege ich auf individuelle Beratung und ein persönliches Ambiente in meinem Geschäft. Daneben investiere ich in moderne Technologien, die mich beim Verkaufsprozess unterstützen. Teilweise beraten wir die Kund:innen auch online.
Im Store sind Farben, Materialien, das Licht und die Musik so gewählt, dass eine angenehme Atmosphäre geschaffen wurde. Die Kleiderkollektion ist vollständig und großzügig präsentiert. Bei der Gestaltung der Umkleiden war es mir wichtig, dass die Braut sich rundherum betrachten kann.
Denn durch meine jahrelange Erfahrung ist mir eines sehr bewusst geworden: Maßgeblich das Wichtigste ist, dass die zukünftige Braut sich sicher ist, das ideale Kleid gewählt zu haben. Um sie dabei zu unterstützen, gibt es in der oberen Etage großzügige und ideal ausgeleuchtete Umkleiden sowie viele unterschiedliche Spiegel und ein Podest.
Besonders ist der Laufsteg, über den die Bräute im Kleid schreiten und so einen Blick aus der Ferne auf sich erhalten. Spiegel und Laufsteg schaffen eine Vorstellung davon, wie es sich am Tag der Hochzeit anfühlt. Und, ist es dann das Kleid, dann drückt sie einen Buzzer und es öffnet sich eine Sektbar und Musik wird abgespielt. Das ist Erlebnisshopping in Perfektion!
Lena, Digitalisierung im Brautmodengeschäft – geht das?
Ich finde es großartig, digitale Produkte auszuprobieren und zu integrieren. Durch die Digitalisierung vieler Prozesse spare ich eine Menge Zeit, die ich dann meinen Kund:innen oder meiner Arbeit widmen kann.
Interessierte Kund:innen können zum Beispiel Termine direkt über die Website oder per QR-Code im Schaufenster buchen. Sie können zwischen verschiedenen Terminvarianten wählen, und ich habe beim Termin selbst alle Zeit für eine umfassende Beratung.
Bestellungen, Aufträge und Kundendaten sind in einem Warenwirtschaftssystem (CRM) erfasst, was die formellen und sonst analogen Prozesse optimiert. Social Media auf den angesagten Kanälen und Plattformen werden direkt über das Smartphone gesteuert.
Im Store und im Schaufenster stehen Flatscreens, die sogenannte „bewegte Bilder“ der aktuellen Kollektion zeigen und so schon einen ersten Eindruck bieten. Ein Highlight ist unser großer Bildschirm, an dem die Braut per Touchfeld ihr Kleid individuell konfigurieren kann.
Social Media – ein Muss?
Ehrlich gesagt hatte ich anfangs Schwierigkeiten, meine Idee über Social Media-Kanäle zu verbreiten. Es hat nicht richtig funktioniert. Also habe ich beschlossen, mich intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzen und einen Kurs zu absolvieren, um zu lernen, wie man beispielsweise ein gutes Reel erstellt. Ich habe daraus eine persönliche Challenge gemacht und mir 30 Tage gegeben, um sichtbarer zu werden. Seitdem, und durch die Regelmäßigkeit, mit der ich auf Instagram, TikTok und Facebook poste, läuft es richtig gut. Meine Reichweite ist von 1.000 auf über hundert Millionen gestiegen, und ich konnte sie sogar international ausbauen und ganz neue Zielgruppen erreichen.
Lena, was sind Deine Themen der Zukunft?
Ich hoffe, dass die so weiterentwickelt wird, dass Konfigurationen möglich sind und die Kundin ihr Kleid schon zu Hause zusammenstellen kann. Außerdem wäre es großartig, wenn mit Hilfe Künstlicher Intelligenz die Bedürfnisse meiner Kund:innen vorab detaillierter abgefragt werden könnten. Wenn ich weiß, in welchem Rahmen, in welchem Stil und in welcher Größe die Hochzeit geplant ist oder welche Träume die Braut hat, kann ich mich noch besser vorbereiten. Für eine qualitativ hochwertige Umsetzung ist zudem eine bessere Bilddarstellung in der App notwendig.
Auch den Einsatz von Augmented Reality kann ich mir definitiv für die Zukunft vorstellen. Wenn die Apple Vision Pro mehr im Einsatz ist, wird auch das ein großes Thema im Fashion sein. Warum dann nicht auch in der Brautmode?
Ein weiteres Zukunftsthema ist für mich Nachhaltigkeit. Sie ist in unseren Kollektionen für uns sehr wichtig. Auch nach der Hochzeit können die einzelnen Teile des Outfits weitergetragen werden. Ein „normales“ Kleid wird selten nochmal getragen. Mit unserer miXme Kollektion kann die Kundin ihr Outfit einfach anderes kombinieren und so auch nach der Hochzeit tragen. Ich möchte, dass mein Unternehmen weiterwächst und ich deutschland- oder sogar europaweit weitere Geschäfte eröffnen kann. Dafür benötige ich Unterstützung, was nur mit Hilfe von Investoren möglich ist. Ich war so überrascht als eine Journalisten ins Geschäft kam und mir sagte, dass sie aus New York sei!
Weiterhin alles Gute für Dich und Deinen beruflichen Weg!
Über Lena Moos
Lena Moos kam als Jugendliche mit ihrer Familie aus Russland nach Euskirchen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung ergänzte sie ihr Wissen durch ein Studium. In ihrer Abschlussarbeit beschäftigte sie sich mit den Möglichkeiten der Digitalisierung in der Brautmode. 2004 eröffnete Lena ihr erstes Brautmodegeschäft in Euskirchen.
Durch die kontinuierliche Auseinandersetzung mit den Kundenbedürfnissen wandelte sie ihr Geschäftsmodell. Gestartet mit klassischen Herstellern von Brautkleidern, entwickelte sie ein Baukastensystem und ließ dieses patentieren. Seitdem designt Lena ihre eigenen Kollektionen und lässt sie fertigen. Ihr Geschäft „LeMoos“ bietet Mix and Match-Kollektionen und eine Erlebniswelt für Bräute.