Vom intelligenten Touchscreen über 3D-Produkte bis hin zur umweltfreundlichen Verpackung: Augmented Reality bietet die unterschiedlichsten Möglichkeiten, die das Einkaufen für den Kunden verändern.
Augmented Reality (AR) bedeutet erweiterte Realität und fügt der physischen Welt eine weitere, digitale Ebene hinzu. Das ist der Unterschied zu Virtual Reality (VR), die den Nutzer in eine vollständig virtuelle Umgebung versetzt. Über Smartphone, Tablet oder spezielle AR-Brillen sehen die Menschen mehr, als in Wirklichkeit vorhanden ist. Das können Gegenstände sein, die im Raum stehen und so wirken, als ob sie aus fester Materie bestünden. Das können aber auch Informationen in Form von Schrift oder Symbolen sein. AR bietet dem Kunden ein völlig neues Einkaufserlebnis im stationären Handel und verwebt ihn noch stärker mit dem E-Commerce. Experten gehen davon aus, dass die Technologie eine immer stärkere Rolle für den Einzelhandel spielen wird. Im Folgenden zeigen wir fünf Beispiele, die deutlich machen, welche Möglichkeiten die Technik bietet:
1. AR-Anwendung für die Mode-Branche
Die Technische Hochschule Köln und ihre Partner entwickeln im Forschungsprojekt „Retail 4.0“ Prototypen für Virtual Reality- und AR-Anwendungen für die Modebranche. Mit einer AR-Brille soll der Kunde im Modegeschäft ein besonderes digitales Einkaufserlebnis geboten bekommen. Wenn der Kunde etwa einen Pullover gefunden hat, der ihm passt, kann er mithilfe der Brille verschiedene Farben ansehen, die das Geschäft nicht auf Lager hat. Er kann auch sehen, ob das Kleidungsstück mit einer bestimmten Hose oder mit Accessoires wie einem Schal zusammenpasst. Dazu wird über die Brille eine Schaufensterfigur mit den gewünschten Kleidungsstücken etwa einen Meter vor den Kunden in den Raum projiziert. Auch für den Business-to-Business-Bereich entwickelt die TH Köln eine VR-Lösung für einen virtuellen Präsentationsraum.
2. Digitalisierung physischer Produkte für den E-Commerce
Scanblue aus Auetal hat sich auf das dreidimensionale Digitalisieren physischer Produkte spezialisiert. Das 1997 gegründete Unternehmen ist nach eigenen Angaben Weltmarktführer in diesem Bereich. Die 3D-Objekte lassen sich in Online-Shops, auf Webseiten, bei Ebay, Amazon, Alibaba, in AR-Apps oder in 3D-Brillen integrieren und können dort dargestellt werden. Digitalisieren lässt sich jedes Objekt – ob Schuhe, Möbel oder Lebensmittel.
Erfasst werden die Produkte mit einem fotooptischen 3D-Scanverfahren, das Scanblue selbst entwickelt hat. Zunächst wird ein 3D-Modell erzeugt, Algorithmen bereiten die Daten auf und minimieren sie so, dass sie im Internet oder in einer App verwendet werden können. Das fertige Modell stellt Scanblue über eine Cloud-Lösung zur Verfügung, über die es auf allen Kanälen ausgespielt werden kann. Vor allem im Bereich E-Commerce bieten die 3D-Modelle Käufern die Möglichkeit zu sehen, wie das Produkt in der Realität aussieht. Aber auch für stationäre Geschäfte ist die AR-Lösungv interessant, weil dem Kunden damit beispielsweise Produkte in Farb- oder Design-Varianten gezeigt werden können, die nicht auf Lager sind.
3. AR-Overlay bietet zusätzliche Informationen
Das Züricher Unternehmen Scandit bietet eine Lösung für ein AR-Overlay als App an. Auf dem Gerätedisplay etwa eines Smartphones können so beispielsweise zusätzliche Informationen zum Produkt, Angebote, personalisierte Werbeaktionen oder Preisvergleiche angezeigt werden. Scandit kombiniert dabei mobiles Barcode-Scanning und Texterkennung mit AR. Was das Einkaufserlebnis für den Kunden bereichert, hilft auch den Mitarbeitern im Einzelhandel – etwa durch die Abfrage von Warenverfügbarkeit.
4. Mit AR die Umwelt schonen
Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Oberhausen arbeitet aktuell zusammen mit dem Unternehmen Videro aus Gronau an dem Projekt „Vir2pac – Digitaler Umweltschutz“. Dabei geht es darum herauszufinden, inwieweit Produktinformationen in Form einer virtuellen Verpackung umsetzbar sind. So sollen Verpackungen umweltfreundlicher werden, indem sie dem Prinzip Design-for-Recycling folgen. Dabei soll die Verpackung nur noch dem Schutz des Produktes dienen – Werbung und Informationen sollen auf das Smartphone des Kunden oder Bildschirme am Verkaufsort verlagert werden. Die Vision der Forscher: Am Eingang eines Supermarktes oder Elektronikgeschäfts bekommt der Kunde eine AR-Brille, und mit ihr wird der schlichte Laden zu dem bunten Store, den er kennt.
5. Touchscreen erfasst Emotionen
Mit „Somnia“ hat das Leipziger Unternehmen Sensape, das sich auf Digital Signage und interaktive Schaufenster spezialisiert hat, eine AR-Lösung für den Einzelhandel auf den Markt gebracht. Seit 2019 steht das System bei einer bekannten Schmuckmarke international in den Stores. Ein Feature von „Somnia“ ist etwa die Funktion „Phantastic Looks“: Die Kundinnen können verschiedenen Outfits virtuell anprobieren, sich darin aufnehmen, die Bilder vergleichen und direkt mit Freundinnen teilen. Hinter dem Touchscreen verbirgt sich eine intelligente Erkennungssoftware. „Somnia“ ist damit in der Lage, die Altersgruppe, das Geschlecht und Emotionen über Gesichtsausdrücke zu erfassen und liefert so wichtiges Feedback über die Kundin.
Autor: David Huth
Mit freundlicher Genehmigung von stores + shops