Bäckerei Geiping - Verringern der Retourenquote
Die Bäckerei W. Geiping GmbH & Co KG ist ein in vierter Generation geführtes Familienunternehmen mit Hauptsitz in Lüdinghausen in Nordrhein-Westfalen. Mit rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern produziert das Unternehmen Brot und Snacks wie belegte Brötchen, aber auch Konditoreiwaren und Kuchen. Es gibt Bäckerei-Cafés und weitere Gastronomie-Formate wie z.B. die Belieferung von Krankenhäusern oder Kantinen. An 23 Standorten hat Geiping 47 Filialen. Pro Jahr erwirtschaftet das Unternehmen rund 25 bis 30 Millionen Euro.
Das Problem
Stichwort Retourenquote: es wird zu viel produziert und am Ende landen die Lebensmittel im Müll. Dieses Szenario versucht Geiping schon lange zu vermeiden. Neben den eigentlichen Filialen betreibt Geiping noch vier Vortagsläden, wo es die Backwaren von gestern zum halben Preis zu kaufen gibt. Was dann noch übrig bleibt, stellt die Bäckerei den kommunalen Tafeln zur Verfügung. Was diese wiederum nicht abnehmen, nutzt ein örtlicher Landwirt als Tierfutter.
Zentralisierung der Bestellungen
Vor vier Jahren wurde das Bestellmanagement zentralisiert. Denn aus der Unternehmenszentrale lässt sich mit der EDV im Rücken deutlich treffender agieren als aus den Filialen heraus. Trotzdem wollte Geiping den Filialverantwortlichen nicht das Gefühl geben, „entmündigt“ zu werden. Einen Einfluss auf Bestellungen haben sie deshalb behalten – hier ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Mit der Umstellung ergab sich ein sichtbarer Effekt: Je Filiale konnte eine halbe Stunde Arbeitszeit eingespart werden, bei 46 Standorten also 23 Stunden pro Tag. Einige wenige Produkte benötigen zur Produktion zwei Tage Vorlaufzeit. Um Bestellungen bestmöglich auszulösen, hatte man sich schnell auf die Suche nach geeigneter Software gemacht.
Absatzprognose durch Algorithmen?
Ein Blick in die Glaskugel ist zwar nicht möglich – könnte man aber nicht mit der Zusammenführung bestimmter Daten zumindest ungefähr voraussagen, wieviel von welchem Produkt gekauft wird? Informationen wie die Wettervorhersage, Baustellen oder Mehrabsatz durch Feiertage könnten hier einfließen. Ein solches System schwebte dem Gründer des Dienstleisters von FoodTracks, Dr. Tobias Pfaff vor. Lernende Systeme, also Künstliche Intelligenz könnte dabei zentral sein. Doch so weit ist es noch nicht.
Mit FoodTracks hat Geiping ein Empfehlungstool gefunden, das im Bestellwesen unterstützt – die schlussendliche Bestellung wird nach wie vor von einem Mitarbeiter ausgelöst. Das Tool wurde in einem wochenlangen Feedback-Prozess weiterentwickelt: Geiping gibt Informationen aus der Praxis, FoodTracks passt an.
Zum einen informiert die Software die Mitarbeiter in der zentralen Kundenbetreuung aktiv über Auffälligkeiten. Aktiv heißt, per E-Mail erfahren sie täglich, in welcher Filiale, welcher Artikel in welcher Höhe einen Retourenverlust am Vortag erzeugt hat. Oder auch, bei welchen Artikeln eine Umsatzchance verpasst wurde. Es werden darüber hinaus Empfehlungen mitgeliefert, was das für künftige Bestellungen bedeutet. Eine solche Empfehlung kann z. B. lauten: „In Filiale XY am kommenden Sonntag bitte Croissants prüfen.“ Alle Daten, die FoodTracks für seine Analyse braucht, zieht es sich aus dem Warenwirtschaftssystem der Bäckerei Geiping.
Es werden außerdem Filialrankings erstellt, sortiert nach Umsatz in Euro. Aus diesen Rankings picken sich die Mitarbeiter in der Zentrale jeweils die fünf Top- und Flop-Filialen (also jene mit den größten Retouren) heraus und werten sie aus. Wie hat sich die Filiale in den letzten sechs Wochen entwickelt? Wie je Wochentag, je Warengruppe, je Artikel? Das alles kostet Zeit. Zwei Mitarbeiter und zwei Azubis arbeiten täglich jeweils zwei Stunden mit FoodTracks. Weil das System nicht alle Effekte berücksichtigen kann, ist auch eine händische Sachprüfung eingebunden. Z. B. könnte eine Filiale deshalb im Ranking zurückfallen, weil eine Baustelle die Kunden vom Einkauf abhält. Auch das Wetter fließt noch nicht automatisch als Algorithmus ein.
Das Ergebnis
Die Retourenquote sank um 2–3 Prozentpunkte, viel wichtiger aber: Die Software hilft, bei 220 verschiedenen Backwaren die wachsende Komplexität zu beherrschen, Daten sind heute Entscheidungsgrundlage, weniger das Bauchgefühl.
In Zukunft soll eine Umsatzprognose-Tool entwickelt werden, um auch die Personaleinsatzplanung zu verbessern.