Digitale Energiebewertung für Gewerbeimmobilien

Um hohe Risikoaufschläge bei den vielfältigen Finanzierungsbedarfen des Handels zu vermeiden, ist eine Energiebewertung von Bestandsgebäuden sinnvoll. Das Zukunftsprojekt ReadE hilft dabei, die energetische Qualität von Gewerbeimmobilien schnell und automatisch zu prüfen. Das Projekt begleitete drei Piloten bei der Bewertung ihrer Gewerbeimmobilie – vom Drohnenflug bis zur Einordnung in die Energieklasse.

Expansionen, Sanierungsbedarfe oder Immobilienerwerb erfordern günstige Finanzierungsmöglichkeiten für Händler:innen. Allerdings berücksichtigt die Immobilienbewertung bei Finanzierungsbelangen im Rahmen der EU-Taxonomie-Verordnung nun auch Nachhaltigkeitskriterien in Form der Energieeffizienz der Gebäude. Aufgrund fehlender Daten werden jedoch aktuell viele Bestandsgebäude der Klasse mit dem höchsten Risikoaufschlag zugeordnet. Das gemeinsame Forschungsprojekt mit den Mittelstand-Digital Zentren Bau und Tourismus nimmt sich dieser Problematik an und erarbeitet einen anwendungsorientierten Bewertungsprozess.

Die Ausgangslage:

Die EU-Taxonomieverordnung, ein Rahmenwerk zur Förderung nachhaltiger Investitionen, sowie Vorgaben der Europäischen Zentralbank verlangen von Finanzinstituten seit Anfang 2022, Immobilien nach ihrer Energieeffizienz zu klassifizieren und dies zu melden. Dies betrifft besonders mittelständische Gewerbeimmobilien, die oft als Sicherheiten von Finanzierungen dienen. Jedoch verfügen über 85% der Bestandsgebäude nicht über ausreichend Daten für eine solche Bewertung der Energieeffizienz. Fehlende Daten führen zur Einordnung in die schlechteste Risikokategorie „unknown“, was hohe Risikoaufschläge und potenzielle Abwertungen der Liegenschaft zur Folge hat. Dies erhöht den Druck auf Immobilienbesitzer:innen, entsprechende Daten zu liefern, um Wertabschläge und finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Ziel des Forschungsprojektes ist es, zukünftig deutlich schneller, kosteneffektiver und mit einem möglichst hohen Grad an Automatisierung zu einer Einschätzung der energetischen Qualität von Gewerbeimmobilien zu gelangen. Die Grundlage hierfür bildet die Gebäudeerfassung, die mithilfe von digitalen Erfassungstechnologien erleichtert werden soll. Der Fokus des Projektes liegt dabei auf einer möglichst durchgängigen digitalen Prozesskette, um Wechselwirkungen mit der aktuellen Arbeitsmarktsituation frühzeitig zu vermeiden.

Die Herausforderung:

Die EU-Taxonomieverordnung (2020/852) sowie Vorgaben der Europäischen Zentralbank fordern seit 2022 die Klassifizierung von Immobilien nach deren Energieeffizienz, was kleine und mittlere Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. KMU müssen diese Daten zur energetischen Gebäudequalität liefern, um finanzielle Nachteile zu vermeiden, stehen jedoch vor knappen Personalressourcen und einer generell herausfordernden Situation im Bausektor.

Galerie: Nutzungsbereiche und 3D-Modelle von Pilotprojekten

– Gebäude aus dem Bereich der Produktion, der Beherbergung und des Einzelhandels –

Die Lösung:

Im Rahmen des Projektes (ReadE) wurde eine digitale und weitestgehend automatisierte Prozesskette zur Einschätzung der energetischen Gebäudequalität entwickelt. Die Bewertung erfolgt dabei in mehreren Schritten. 

Im ersten Schritt werden die Bestandsunterlagen einer Liegenschaft gesichtet und die relevanten Informationen, zum Beispiel zu Baualter, Bauteilqualitäten und der verwendeten Anlagentechnik, herausgefiltert. Danach erfolgt die Gebäudeerfassung basierend auf einem 3D-Gebäudescan. Die daraus resultierende Punktwolke wird in der Folge in ein 3D-Gebäudemodell im offenen Standard Industry Foundation Class (IFC) überführt.

Dieses Datenmodell wird dann mit den gebäudespezifischen Informationen der Liegenschaft befüllt und dient als Grundlage für die abschließende Einschätzung der energetischen Qualität. Diese erfolgt automatisch nach einem an die DIN V 18599 angelehnten, jedoch hinsichtlich der Eingangsparameter stark vereinfachten, Berechnungsmodell. Als Ergebnis erhalten die Eigentümer ein Energierating in Buchstabenform von A für sehr gut bis G für mangelhaft. Dieser Musterprozess wurde im Rahmen des Projektes an drei Pilot-Liegenschaften erfolgreich getestet. Die Gebäude kamen aus dem Bereich der Produktion, der Beherbergung und des Einzelhandels.

Begleitung des Handelspiloten

Im Rahmen der Pilotierung haben wir eine Händlerin begleitet, um den Prozess zur Einschätzung der energetischen Qualität ihrer Gewerbeimmobilie beispielhaft für KMU im Handel zu durchlaufen. Dafür wurden zunächst relevante Eckdaten festgehalten, unter anderem zu der Immobilienfläche und den anteilige Nutzungsarten sowie zu vorhandenen Wärme-, Lüftungs- und Kühlsystemen. Im Zusammenspiel mit Bestandsunterlagen, wie Bauplänen, konnten die für die Einstufung relevanten Informationen festgehalten werden. Anschließend erfolgte die Datenüberprüfung und -ergänzung mittels eines 3D-Gebäudescans, um anhand aller gesammelten Informationen ein akkurates 3D-Gebäudemodell zu erstellen. 

Zuletzt kam das oben beschriebenen Berechnungsmodells zum Einsatz, um ein abschließendes Energierating der Handelsimmobilie zu ermöglichen.

Sie sind Händler:in und möchten die Energieeffizienz Ihres Geschäfts steigern?

Kontaktieren Sie unseren Klima-Coach Sarah Großkopf via E-Mail: sarah.grosskopf@ibi.de

Beteiligte Organisationen:

Beteiligte Organisationen: Mittelstand-Digital Zentrum Bau, Handel und Tourismus

Branche: Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Immobiliensektor

Website: digitalzentrumbau.de

Typologie

Um die Gebäudeeingabe zukünftig weiter zu vereinfachen, wird derzeit an einer Einteilung der Gebäude in einzelne Typologien gearbeitet. Wenn Sie uns hierbei unterstützen möchten, können Sie Ihre Liegenschaft unter folgender Adresse hinterlegen, sie geht damit in die Erstellung der Typologie mit ein.