Die Anziehungskraft lokaler Online-Marktplätze

Jennifer KleemannGeschätzte Lesedauer: 3 Minuten

Warum fokussieren sich Städte und Händler darauf? Was hat sich in den letzten Jahren eigentlich verändert? Gibt es neue erfolgsversprechende Entwicklungen?

Wie war die Entwicklung?

Vor knapp zwei Jahren gab es rund 70 Projekte in dem Bereich, die Frage ist, was ist mittlerweile daraus geworden? Die Hochschule Koblenz hat diese Projekte bereits damals untersucht und kam zu keinem erfreulichen Fazit. Zusammengefasst erläuterten die Wissenschaftler: „Die Gewerbetreibenden fällen ein hartes Urteil in dem sie die Initiativen als nicht empfehlenswert einstufen. Die Weiterempfehlungsrate liegt im sehr kritischen Bereich, die Zielsetzungen werden aus Sicht der antwortenden Stichprobe nicht erreicht“.  Weiter heißt es: „Die bloße gemeinschaftliche Präsenz im Netz ist kein Mehrwert an sich. Es ist wichtiger, die eigene Webpräsenz so zu nutzen, dass für Kunden relevanter Mehrwert entsteht. Wichtiger als die reine Online-Präsenz sind aber zwei Dinge: Im Geschäft herausragende Beratung und Service mit menschlichem Kontakt. Und die intelligente Verzahnung mit dem Internet – sei es durch Basisinformationen im Netz oder digitale Vernetzung mit Kunden.“ (Link zur Studie)

Was ist der aktuelle Status

Experten der Branche haben das Thema lokale Online-Marktplätze ebenfalls beleuchtet und kommen zu einem ernüchternden Ergebnis: Prof. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein meint: „Der Versuch, durch lokale Online-Marktplätze die Innenstädte zu beleben, ist gescheitert. Lokale Marktplätze funktionieren im Internet einfach nicht. Es fehlt ihnen an allem, was das Einkaufen im Internet attraktiv macht, von der großen Auswahl bis zu den günstigen Preisen“

Das möchte der Gründer des großen Marktplatzanbieters Atalanda, Roman Heimbold, natürlich so nicht stehen lassen. Für ihn steht nicht der auf der Plattform gemachte Umsatz im Mittelpunkt, sondern generell die digitale Sichtbarkeit.

Unsere Beobachtung

Die Digitalisierung überfordert Politik, Verwaltung und Gewerbetreibende. Zugleich gibt es ein Überangebot von Förderprogrammen in Bund und Ländern, die diesen Zustand verstärken. Ein Zustand, der zu schnellem Aktionismus verführt, mit dem Ergebnis von viel zu vielen Projekt-Schnellschüssen.

Das Problem: Die Zahlen, die bei der Projektakquise prognostiziert wurden, stellen sich nicht ein. Die beteiligten Partner sind enttäuscht und das Thema Digitalisierung wird ad acta gelegt. Endet der Förderzeitraum, endet auch das Projekt. Damit wird der digitale Handel zu einem Konstrukt, das nur künstlich am Wettbewerb teilnimmt – alles andere als ein Ergebnis unternehmerischen Handelns.

Die häufigsten Fehler:

  • Man hat nicht die Shopper Journey des Kunden in den Mittelpunkt gestellt, sondern eine neue IT-Lösung eingeführt
  • Die Lösung ist anbieterorientiert: Sie bedient die Bedürfnisse des Händlers, nicht des Kunden
  • Es gibt kein Geschäftsmodell für lokale Online-Marktplätze, die sich selbst tragen
  • Lokale Online-Marktplätze sind alleinstehende Datenplattformen, die nicht Teil von bspw. Smart City oder eGovernment Strategien sind

Handel ist nicht nur digital

Grundsätzlich ist es wichtig, dass jeder Händler digital sichtbar ist bzw. eine digitale Präsenz hat. Das bedeutet aber nicht, dass jeder einen eigenen Onlineshop braucht. Der Aufwand eines eigenen Webshops ist nicht zu unterschätzen: Das richtige Sortiment mit passenden Bildern und Texten zu finden, die internen Abwicklungsprozesse aufzubauen und schließlich das richtige Marktsegment zu finden. Zugleich muss auch das eigene stationäre Einzelhandelsgeschäft mitbedacht und zukunftsfähig weiterentwickelt werden.

Unsere Tipps:

  • Überprüfen Sie ihr stationäres Konzept und entwickeln Sie es in Richtung Zukunftsfähigkeit
  • Beschäftigen Sie sich mit Google, denn dort suchen die meisten Kunden.

Google ist aktuell darum bemüht, den stationären Handel nach vorne zu bringen.

Diese Möglichkeiten werden dem Handel kostenlos angeboten:

  • Es gibt das Programm „Grow my Store“, mit dem die Sichtbarkeit der Händler im Netz verbessert wird (Link)
  • Die Google Zukunftswerkstatt veranstaltet derzeit eine Roadshow (Link) mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel, um den Handel nach vorn zu bringen

Fazit

Der Durchschnitts-Onlinekäufer besucht weniger als 10 Onlineshops regelmäßig. Es ist dementsprechend schwer, neue lokale Online-Marktplätze zu etablieren, erst Recht in Gemeinden und Ortschaften mit weniger als 100.000 Einwohnern.

Die Probleme:

  • Sinkende Attraktivität von Innenstädten
  • Nicht mehr zeitgemäße Handelsformate
  • Fehlende Nachfolgeregelung
  • Digitale Unerfahrenheit

Wurden diese Probleme angegangen, kann sich der Händler einer passenden Plattform anschließen!