Die Ernüchterung nach dem go live: Das Onlineshop-Wirrwarr der Bestandsführung

Das Mittelstand-Digital Zentrum Handel begleitet und unterstützt kleine und mittlere Handelsunternehmen bei der Digitalisierung. Anhand unserer Händlerprojekte wird in verschiedenen Formaten gezeigt, wie die digitale Transformation im Einzelhandel innovativ funktionieren kann.

Verknüpfung mit Onlineshop und Warenwirtschaftssystem

Die Verknüpfung mit dem Warenwirtschaftssystem ist eine der größten Überraschungen, mit denen frisch gebackene Onlinehändler nur in wenigen Fällen schon vorweg rechnen. Dabei ist das bei einem großen und stetig wechselnden Sortiment eines der wichtigsten Punkte. Boutiquen und Modegeschäfte sollten diesen Vorgang besonders groß auf der To-Do-Liste stehen haben. Dort kann es sehr schnell zu Problemen kommen, wenn bestimmte Produkte nur begrenzt vorrätig sind und sowohl im Onlineshop als auch in der Filiale angeboten werden.

Es kann ebenfalls vorkommen, dass ein Produkt online gekauft wird und im gleichen Moment das letzte Teil über den Warentisch im Ladengeschäft verkauft wurde. Das führt zu Frust und Vertrauensverlust bei den Onlinekunden, die durch Onlineriesen wie Amazon oder Zalando eine ständige Griffbereitschaft gewohnt sind. Bei mehreren Filialen und online Vertriebskanälen (Onlineshop, Marktplätze, Amazon etc) wird es dann sehr schnell, sehr komplex.

Komplexität herausnehmen

Lösung 1 – Online-Lagerpriorität: Nur Produkte online verkaufen, die nicht im echten Laden stehen. Damit kauft man sich gerade bei einem schnellwechselnden Sortiment ein anderes Problem ein: Überhänge am Ende der Saison mit entsprechenden Abschriften. Diese Vorgehensweise ist nur zu empfehlen, wenn es sich um absolute Ankerprodukte wie Toilettenpapier oder Restpostenverkäufe handelt.

Lösung 2 – Serialisierung der Produkte: Eine große Hilfe ist die individuelle Kenntlichmachung von Produkten über die GTIN (das ist der frühere EAN Code) hinaus. Das kann durch einen QR Code geschehen, eleganter ist es aber durch RFID Funketiketten, die mittlerweile sehr preiswert sind. Jeder Artikel hat eine individuelle Kennung und ist somit sehr einfach auffindbar. Das löst das Problem des Wiederfindens in den Filialen, aber nicht die Problematik, den Abgleich im Onlineshop sicherzustellen. Unserer Erfahrung nach aber ein wichtiger Schritt bei Multi-Store Formaten.

Lösung 3 – Schnittstelle Onlineshop – Marktplatz – Warenwirtschaft: Der fast (aber auch nur fast) sicherste Weg, Ordnung in das Chaos zu bekommen. Dazu sind zumindest vier Schnittstellen nötig, die einen kontinuierlichen Datenaustausch gewährleisten müssen:

  • Produktdaten,
  • Adressdaten und
  • Bestandsdaten.

Diese müssen aus der Warenwirtschaft als führendes System (der sog. „Place oft Truth“) in den Onlineshop übertragen werden. In umgekehrter Richtung müssen dann die Bestelldaten aus dem Shop in die Warenwirtschaft gelangen, um so die Bestände zu korrigieren.

Das ist das Mindeste, um einen einwandfreien Wareninformationsfluss zu gewährleisten. Besser wäre es noch, wenn der Onlineshop auch die Daten des Kunden übermittelt, um damit dann eine Rekommandation Engine (Generierung von Kaufvorschlägen) zu befüllen. Darüber hinaus gibt es weitere Nutzen für die Kunden: So können sie in ihre Bestellhistorie sehen und Rechnungen ausdrucken.

Die Systeme bieten oft keine Interoperabilität

Die vorgenannte Funktion ist allerdings keine Selbstverständlichkeit. Viele Systeme bieten zur Echtzeit-Bestandsführung diese Möglichkeit nicht und die Bestände müssen händisch gepflegt werden – eine Aufgabe, die schnell eine halbe Stelle ausfüllen kann. Ältere Systeme bieten die Möglichkeit eines Datenexports überhaupt nicht an.

Auf Onlineshop-Seite sieht es nicht anders aus: einfache Miet- oder Javascript-Shops haben meist gar keine Schnittstellen. Oft muss dann der Betreiber des Shops diese mit hohem Kostenaufwand selbst entwickeln lassen. Das zieht dann neben dem Anfangsinvestment oft hohe Kosten nach sich, da man selbst für die technischen Updates und die IT-Sicherheit geradestehen muss.

Was ist zu tun?

Es gibt 2 Möglichkeiten:

  1. Wenn sowieso ein Wechsel der Systemlandschaft ansteht, macht es Sinn, diese direkt als Gesamtpaket WaWi / Shoplösung einzukaufen. Dann sollte das Thema Bestandsführung Geschichte sein. Da diese Lösungen für jede Branche verschieden sind, sollte man sich hier an Branchenspezialisten wenden.
  1. Es gibt eine Lösung, die als Middleware zur Datensynchronisierung alle Daten aus dem Warenwirtschaftssystem in eine Cloud lädt. Diese kann dann wiederum in Echtzeit vom Onlineshop abgerufen werden. Wird etwas im Onlineshop gekauft, wird der Cloudbestand verändert und diese Info ebenfalls in Echtzeit and die Warenwirtschaft weitergegeben. Diese Form der Cloudlösung ist zwar schon lange bekannt, aber noch nicht wirklich für mittelständische oder kleine Unternehmen ausgearbeitet. Oft muss diese erst vom Anbieter programmiert werden und kann Kosten im 4-stelligen Bereich mit sich bringen. Eine kostengünstige Komplettlösung ist leider vorrübergehend noch nicht in der Entwicklung.
Fräulein Mode und Wohnen

Unternehmen: Fräulein Mode und Wohnen

Mitarbeiter: 22

Filialen: 3

Branche: Textil & Mode

Einblicke in das Projekt