Globetrotter in Bonn: Neu gedacht, aus Altem gemacht

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Unter dem Namen „Re:Think“ hat der Outdoor-Ausrüster Globetrotter in Bonn einen Store nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft eröffnet, in dem die Einrichtung nahezu komplett von Vormieter Conrad Electronics übernommen und umgestaltet wurde. Wir zeigen den Laden unter anderem im Video-Rundgang.

Mit dem Store in der Weststadt ersetzt das Hamburger Unternehmen seine bisherige Filiale in der Bonner Vorgebirgsstraße und hat auf 2.150 qm über zwei Etagen deutlich mehr Fläche zur Verfügung, auf denen neben dem Outlet- und Basissortiment ein Secondhand-Bereich, eine Werkstatt und ein Community-Treffpunkt Platz finden.

Alles läuft rund

Wo früher Bügeleisen hingen, finden jetzt Kletterhelme Halt. Foto: Nadine Albrecht
Wo früher Bügeleisen hingen, finden jetzt Kletterhelme Halt. Foto: Nadine Albrecht

Das Besondere am neuen Standort ist jedoch das ganz auf ein sogenanntes Cradle-to-Cradle-Prinzip ausgerichtete Store-Konzept: Große Teile des vorhandenen Inventars wurden verwendet und teilweise zu Neuem umgewandelt. Ergänzend wurden gebrauchte Elemente wie Warenaufhängungen für Outdoor-Ausrüstung mit bestimmten Anforderungen wie Wanderstöcke aus anderen Globetrotter-Filialen weiterverwendet. Einzig neu ist die Beleuchtungstechnik, da hier moderne Anlagen wesentlich energieeffizienter sind als alte.

„Unser Re:Think Store stellt ein Pionierprojekt dar,“ so Globetrotter CEO Andreas Vogeler. Geschäftsführer Andreas Bartmann ergänzt: „Alles raus und neu, das kann künftig nicht mehr der richtige Ansatz sein. Hier wollen wir Vorbild sein für künftige Retail-Konzepte.“ Wie genau dies umgewidmet wurde, erläutern zum einen Ausstellungsstücke im Store – wie zum Beispiel Bügeleisen und Staubsauger, die früher auf den Halterungen für Kletterhelme oder Rucksäcke hingen.

Im Eingangsbereich sind Infotafeln angebracht, die sowohl die eingesetzten Upcycling-Maßnahmen im Ladenbau als auch in den Globetrotter-Produktwelten und Services veranschaulichen, um den Kund:innen das „Re:think“-Prinzip der Filiale nahezubringen. Eine Bärenskulptur, von einem Berliner Künstler aus Schrott hergestellt, soll zusätzlich für das Thema sensibilisieren. „Aus Kundensicht ist es so am einfachsten zu verstehen: Wenn man Nachhaltigkeit unterstützen möchte, sollte man Langlebigkeit unterstützen. Alles, was nicht neu produziert wird, spart Ressourcen“, sagt Andreas Vogeler, CEO von Globetrotter.

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Lernen für die Zukunft

Zwar wird das in Bonn erstmals in dieser Größenordnung umgesetzte Re-use-Konzept bereits an allen Standorten des Unternehmens bei Umbauten und Renovierungen in gewissem Maß eingehalten, indem immer mal wieder eingelagertes Material wiederverwendet wurde. Mittlerweile gibt es eine interne Tauschbörse für gebrauchtes Inventar. Künftig soll die Idee jedoch noch mehr auf die Ladenbauprojekte in anderen und neuen Globetrotter-Filialen abstrahlen: „Wir werden prüfen, welche Learnings wir mitnehmen können und das Konzept wieder ansetzen“, erklärt Nachhaltigkeitsmanager Fabian Nendza.

Wie viel u. a. CO2 und Material die Weiternutzung tatsächlich einspart, soll von der Environmental Protection Encouragement Agency (EPEA) anhand einem Anforderungskatalog für nachhaltigeren Ladenbau neutral bewertet und transparent gemacht werden. Ergebnisse der Analyse werden für diesen Sommer erwartet. „Der Interior Circularity Passport bildet gleichzeitig eine Grundlage, damit wir unsere Nachhaltigkeitsleistung im Ladenbau auch perspektivisch weiter verbessern können,” so Fabian Nendza. „Das Objekt als solches ist zwar jetzt teurer als konventioneller Ladenbau. Aber wir haben jetzt so viel Erfahrung gesammelt, jetzt können wir es skalieren, und dann tritt in den nächsten Jahren die Effizienz ein“, erklärt Andreas Bartmann.
Die Kasse stammt ursprünglich aus dem Store in Stuttgart. Foto: Nadine Albrecht
Die Kasse stammt ursprünglich aus dem Store in Stuttgart. Foto: Nadine Albrecht

Ein zweites Leben

An das alte Geschäft erinnert nur noch die reine Raumaufteilung auf den beiden Etagen. Das Erdgeschoss ist für Neuware und Shop-in-Shop-Flächen reserviert, wobei auch Letztere aus bereits genutztem Mobiliar und Präsentationselementen bestehen sollten – so die Vorgabe von Globetrotter an die interessierten Marken. Fjällräven etwa hat seine früher in Düsseldorf platzierte Fläche nach Bonn umgestellt, und Icebreaker verzichtete darauf, seine neuesten Logos und Warenträger einzusetzen. Im Obergeschoss sind neben dem Outlet und einer Reparaturwerkstatt für gebrauchte Teile ein Bereich für Secondhand-Kleidung und -Ausrüstung untergebracht, wie Globetrotter sie seit 2021 in all seinen Stores nach und nach einrichtet. Hier können die Kund:innen nicht nur shoppen, sondern auch eigene, gut erhaltene Stücke an Globetrotter verkaufen.

Bartmann erklärt: „Im Bereich Secondhand würde ich die Fläche am liebsten verdreifachen. Das scheitert bisher daran, dass wir die Ware nicht bekommen, da ist bei vielen der Schalter noch nicht umgelegt worden. Ich bin sicher, wir werden in fünf bis zehn Jahren im Textilbereich Umsatzanteile von bis zu 25 Prozent mit Secondhand erzielen.“

Außerdem lädt im ersten Stock die sogenannte Clubhütte, mittlerweile Bestandteil vieler Globetrotter-Standorte, die lokale Outdoor-Community zu Workshops wie DIY-Upcycling und Vorträgen ein. Auch der Treffpunkt besteht aus gebrauchten Möbeln und Deko-Elementen. Ein Ausrüstungsverleih ergänzt das Angebot.

Patchwork-Design

Auch aus dem Laden-Design spricht der Re-use-Gedanke: Kernelemente der Gestaltung sind Patchwork-Wände, die aus verschiedensten Materialien zusammengesetzt sind und die Atmosphäre schaffen sollen. So musste etwa der Dielenfußboden der alten Bonner Filiale aufgrund der Rückgabeverordnung herausgerissen werden und fand im Re:think-Store ein neues Leben als Teil von Wandverkleidungen und Regaldekorationen. Metallpodesten des Elektronikhändlers, auf denen früher Waschmaschinen standen, und OSB-Platten aus dem Rostocker Globetrotter-Outlet ging es ebenso.

Im Obergeschoss bietet die Secondhand-Abteilung ein Sortiment an Sportgeräten, Ausrüstung, Kleidung und Schuhen. Foto: Nadine Albrecht
Im Obergeschoss bietet die Secondhand-Abteilung ein Sortiment an Sportgeräten, Ausrüstung, Kleidung und Schuhen. Foto: Nadine Albrecht

Die Teststrecke für Wanderschuhe ist aus alten Steinen und Hölzern zusammengesetzt. Der graue Conrad-Bodenbelag wurde gereinigt und durfte bleiben, eine damals schon vorhandene Roller-Rennstrecke bildet heute einen Hingucker. Als Aufhängungen stellte die Firma Edelrid ausgemusterte Kletterseile und Karabiner zur Verfügung. „Alle beteiligten Marken haben angefangen nachzudenken und gesagt, wir machen mit“, erzählt Mareike Heubel, Head of Visual Mercandising bei Globetrotter.

Ein Zelt wird zur Tasche

Einen Schwerpunkt des off- und online insgesamt rund 50.000 Artikel umfassenden Sortiments bilden im Re:Think-Laden Produkte mit dem hauseigenen Label „Eine Grünere Wahl”, das vor fünf Jahren eingeführt wurde. Hierbei kommt gesamte Sortiment nach und nach auf den Prüfstand, und Globetrotter kennzeichnet vergleichsweise nachhaltige Artikel mit diesem Logo. Zur Eröffnung gab es zudem eine limitierte Upcycling-Sonderkollektion von Regencapes und Taschen aus ausgedienter Outdoor-Ausrüstung, wie Zelten und Isomatten.

Wie alle Globetrotter-Stores bietet der Bonner Laden einen Click & Collect-Service an sowie die Möglichkeit, stationär nicht vorrätige Artikel per Tablet aus dem Shop heraus online zu ordern. An den drei Kassen kann bar und mit allen gängigen Karten gezahlt werden.

Der Beitrag wurde von Regina Kruck verfasst.
Mit freundlicher Genehmigung von stores+shops