Interviewreihe mit Stephan Tromp: Status quo Mittelstand – Teil 1

Franziska DickmannGeschätzte Lesedauer: 3 Minuten

Im ersten Teil der Interview-Reihe sprechen das Mittelstand-Digital Zentrum Handel und Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), über Veränderungen in der Handelsbranche, Herausforderungen für mittelständische Unternehmen und zukünftige Entwicklungen.

Mittelstand-Digital Zentrum Handel: Herr Tromp, bis Ende Juli 2022 lief das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel unter der Konsortialleitung des Handelsverbands Deutschland. Es hatte die Aufgabe, den mittelständischen Handel bei der digitalen Transformation zu begleiten. Welche Bilanz ziehen Sie?

Stephan Tromp: Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel war ein großer Erfolg. Es hat eine hohe Reichweite im deutschen Handel erzielt. Auch konnten viele mutmachende Projekte wie Social Commerce und Live Shopping sowie der Einsatz von KI bei der Platzierung von Produktwerbung auf Social Media-Kanälen umgesetzt werden. Dies sind alles Vorbilder für den Mittelstand, die Berührungsängste nehmen und konkrete Lösungen aufzeigen.

Besonders stolz bin ich aber, wie schnell das Kompetenzzentrum in der Corona-Pandemie Angebote für den mittelständischen Handel unterbreitet und die Nutzung von Marktplätzen, Social Commerce und Digitalisierung vermittelt hat. Vielen Unternehmen wurden damit Möglichkeiten, ihr Geschäft auch während des Lockdowns weiterzuführen, aufgezeigt.

Ist der Einzelhandel besser aufgestellt als vor drei Jahren, zu Beginn des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Handel?

Tromp: Er nutzt in jedem Falle stärker als vorher die Digitalisierung, um mit seinen Kund:innen im Kontakt zu bleiben und darüber zu verkaufen. Allein die Nutzung der Marktplätze durch KMU im Handel hat stark zu genommen. Auf der anderen Seite hat der deutsche Handel im Vergleich zum Handel in anderen europäischen Ländern sein Potential noch nicht ausgeschöpft. Insbesondere die Verzahnung der Vertriebs- und Kommunikationskanäle, also der Omnichannel-Handel, birgt noch viel Potential, was auch reichlich Arbeit für das neue Mittelstand-Digital Zentrum Handel bedeutet.

Wo drückt derzeit der Schuh im mittelständischen Einzelhandel?

Tromp: In der Nutzung der Digitalisierung im Ladengeschäft und der Verzahnung der einzelnen Kanäle. Kund:innen erwarten mittlerweile, dass sie die digitalen Services aus dem Online-Handel auch im Store nutzen können. Warenverfügbarkeit ist hier ein ganz wichtiger Punkt. Dazu muss die Warenwirtschaft zwischen stationärem Ladengeschäft und Online-Handel synchronisiert werden. Das ist für viele Mittelständler:innen noch eine Herausforderung. Auch der Einsatz neuer Technologien wie KI könnte schon fortgeschrittener sein. Dass auch der Mittelstand dies nutzen kann und Digitalisierung weit mehr ist, als nur Online-Handel, zeigen die Umsetzungsprojekte des Kompetenzzentrums Handel.

Man muss fairerweise aber auch sagen, dass es der Mittelstand nicht alleine schaffen kann. Er ist auf eine starke Verbundgruppe oder Genossenschaft angewiesen, die die zentrale Infrastruktur zur Verfügung stellen muss. Dazu gehört zum Beispiel ein gut aufgestelltes Warenwirtschaftssystem mit Produktdatenbank. Ohne so etwas kann ich zum Beispiel keinen „MagicMirror“ im Store betreiben. Mittelständler:innen allein können solch eine Datenbank nicht aufbauen.

Wo sehen Sie den Handel in drei Jahren?

„Kund:innen erwarten mittlerweile, dass sie die digitalen Services aus dem Online-Handel auch im Store nutzen können. Warenverfügbarkeit ist hier ein ganz wichtiger Punkt.“
Stephan Tromp
stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE)

Tromp: Der Einzelhandel wird seine Digitalisierungsprojekte stationär und online konsequent weiter vorantreiben. Der Omnichannel-Handel wird der Standard sein. Kund:innen erwarten einfach, dass sie, je nachdem, wie es gerade für sie passt, online oder stationär einkaufen und die Ware entweder nach Hause geliefert bekommen oder abholen können. Außerdem möchten sie die nach Hause gelieferte Ware auch im Store umtauschen können. Online ein Produkt zu reservieren und dann im Laden abzuholen, ist eine der populärsten Omnichannel-Optionen.

Die gesamte dabei nötige Kommunikation möchten die Kund:innen auch über digitale Tools führen. Eine beliebte Option ist dabei das Scannen eines QR-Codes mit dem Smartphone, um zum Beispiel eine Lieferung nach Hause zu veranlassen. Insgesamt wird das Smartphone die Kommunikationszentrale der Kund:innen und alle Omnichannel-Services werden darüber laufen. Dabei werden Apps des Handels eine immer größere Rolle spielen. Leichtigkeit und Bequemlichkeit sind dabei Treiber der App-Nutzung durch die Konsument:innen. Zum Beispiel, um ihre Einkäufe zu sehen und die Lieferungen nach Hause zu verfolgen.

Es folgt in Teil 2 der Interview-Reihe mit Stephan Tromp: Digitale Transformation im Mittelstand.

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