„Phygitaler“ Handel – durch Symbiose zum Erfolg
Dr. Johannes B. BerentzenGeschätzte Lesedauer: 2 MinutenVon Dr. Johannes B. Berentzen, Geschäftsführer, und Dr. Philipp Hoog, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Strategieberatung der BBE Handelsberatung GmbH.
Die Frequenzen in den Innenstädten sind noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau. Bei gleichzeitig hoher Konkurrenz durch den E-Commerce sorgt das für Druck auf die Händler:innen unterschiedlichster Branchen – vom Textilhersteller bis zum Möbelhaus. Deshalb kommt es jetzt mehr denn je darauf an, mit Erlebniselementen und weiteren Anreizsystemen die Passant:innen in das eigene Geschäft zu locken und gleichzeitig die Abschöpfung konsequent zu erhöhen. Dafür gibt es Lösungen, die das Beste aus Online- und Offlinewelt verbinden.
Kanal egal
Das lange vorherrschende Narrativ „Der (böse) Onlinehandel will den (guten) Offlinehandel zerstören“ gilt es zügig abzulegen. Längst ist beides zusammengewachsen. Den Kund:innen ist der Kanal egal. Im modernen Einzelhandel sind Verknüpfungen zwischen digitaler und physischer Welt vielfach nicht mehr wegzudenken. Besonders in der Kundenansprache bieten Drive-to-Store-Strategien sehr hohes Potenzial. Durch gezielte Online- und Offline-Maßnahmen, wie zeitlich begrenzte und per App beworbene Instore-Angebote, digitale Terminvereinbarungen für den Store, flexible Bestell- und Abholmöglichkeiten oder lokal versendete Newsletter, wird eine neue Art der gezielten Kundenansprache realisiert. Ein weiteres Beispiel sind Click-and-Collect-Angebote, die zum Teil ganz hinten im Laden angesiedelt ist, sodass die Kund:innen bei der Abholung mit einem Großteil des weiteren Warenangebots in Berührung kommen.
Mehr Erlebnis auf der Fläche
Solche „phygitalen“ Ansätze können gleichzeitig ein besonderes Einkaufserlebnis schaffen. Beispielsweise wirken Augmented- oder Virtual-Reality-Angebote einerseits neu und aufregend für die Kund:innen und haben andererseits den Vorteil, dass nicht so viel Ware physisch vorrätig sein muss. Genauso wichtig sind Instore-Events, die über Social Media beworben werden. Händler:innen, die eine neue Linie Kochzubehör an die Kundschaft bringen möchte, können zum Beispiel Koch- und Probierevents auf ihren Flächen anbieten, die wiederum zu weiteren Käufen inspirieren.
Wenn sich außerdem die Handelsunternehmen mit ihren Nachbarn sinnvoll zusammenschließen und strategische Partnerschaften entstehen, ist der mögliche positive Effekt noch stärker. Wenn die Kund:innen durch all diese Maßnahmen am Ende einen aufregenden Shopping-Tag erlebt haben, sollten sie abschließend dazu animiert werden, positive Bewertungen online abzugeben, oder Teil eines Treueprogramms zu werden, das sie zum Wiederkommen animiert.
Daten sammeln – aber konsequent
Solche Ansätze haben einen wichtigen Nebeneffekt: Es wird eine Unmenge an Daten kreiert. Werden diese systematisch erhoben und ausgewertet, sorgt das dafür, dass die Händler:innen die Vorlieben ihrer Kund:innen nochmals deutlich besser verstehen. Durch die Analyse von Kaufhistorie oder dem Navigationsverhalten können Einzelhändler:innen noch persönlichere Werbeinhalte entwickeln, die auf die individuellen Interessen ihrer Kund:innen zugeschnitten sind. Das können Empfehlungen für Rezepte oder passende Produktvorschläge als Ergänzung zum Kauf sein.
Mit diesem Ansatz können Händler:innen zudem ihre Ware viel gezielter kuratieren, denn anstatt auf Masse zu setzen, ist das richtig ausgewählte Sortiment ursächlich für die gezielte Potenzialausschöpfung. In manchen Fällen kann es sogar hilfreich sein, nicht mehr benötigte Handelsfläche umzurüsten, beispielsweise für gastronomische Angebote direkt im Store, als Lager- und Kommissionierungsfläche für Online-Geschäfte oder auch für Freizeitnutzungen: Ein Sporthändler, der bspw. hauseigene Fitnessmöglichkeiten zu bieten hat, schafft ideale Synergien.